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Vom Screenreader bis zur einfachen Sprache – Umfragen müssen für alle zugänglich sein

(06.11.2022) Erfolgreicher Auftaktworkshop zum DFG-Projekt „Kommunikative Mittel für eine barrierefreie Umfrageforschung“ am Institut für Kommunikationswissenschaft der WWU Münster.

Die rund 20 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Kommunikationswissenschaft, Linguistik, Rehabilitationswissenschaft, Erziehungswissenschaft sowie aus der Wirtschaft, aus Städten und Integrationseinrichtungen kamen nach Münster, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie die Inklusion aller Bevölkerungsgruppen in die repräsentative Umfrageforschung besser gelingen kann. „Die Sensibilisierung für Barrierefreiheit sollte auf allen Ebenen – sei es in der Schule, Ausbildung, Universität oder im Berufsleben – implementiert werden. Damit werden Barrieren von vorneherein vermieden und können abgebaut werden. Viele Menschen sind sich über die alltäglichen Schwierigkeiten von behinderten Menschen nicht bewusst.“, so Bianca Laue vom Accessibility Competence Center der Siemens AG.

Seit 2006 verpflichtet die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK 2006) zu Teilhabe und Barrierefreiheit. Allein in Deutschland gelten etwa 10 Millionen Menschen als behindert. Seit 2016 gilt EU weit, dass Internetangebote öffentlicher Institutionen barrierefrei zu gestalten sind – dazu gehören auch Apps sowie onlinebasierte Erhebungsinstrumente. Wie diese inklusiver gestaltet werden können, um möglichst viele Menschen zu erreichen, ist Ziel des am IFK im Januar unter der Leitung von Volker Gehrau gestarteten DFG-Projekts „Kommunikative Mittel für eine barrierefreie Umfrageforschung“. Die Ausgangslage des Projektes könnte dabei nicht schwerer sein. Mittlerweile existiert eine große Anzahl meist technischer Regelungen sowie sprachlicher Empfehlungen, welche den meisten Forschenden noch nicht im Detail bekannt sind. Aber auch die Bereitschaft der Bevölkerung zur Teilnahme an Befragungen sinkt weiterhin – auch aufgrund von Verständnisproblemen sowie auf Grund mangelnder Motivation. Auf der anderen Seite stehen etliche Tools bereit, etwa die Vorlesefunktion oder die Spracherkennung. Die Möglichkeiten und Grenzen dieser Tools zu diskutieren und sich fächerübergreifend zu vernetzen, waren wichtige Anliegen des Workshops.

Vom 29. bis 30. September fand in dessen Rahmen ein hochkarätig besetzter interdisziplinärer Workshop im Schloss Münster statt, der das Forschungsfeld konturieren sollten. Das Programm reichte von Impulsvorträgen zu Beteiligungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung bis hin zu Fachvorträgen aktueller Projekte wie bspw. zum Leseverstehen von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung. Die Vielfalt der vorgestellten Ansätze und Methoden machten vor allem eines deutlich: „Wir brauchen mehr empirische Methodenforschung, – also Forschung über Forschungsmethoden – damit möglichst viele Menschen mit Beeinträchtigungen in Befragungen einbezogen werden können.“, so Markus Schäfers, Projektleiter der Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Hochschule Fulda. Wie dies gelingen kann, wurde am zweiten Workshoptag in einer Ideenwerkstatt in drei Arbeitsgruppen zu Texten, Skalen und Item-Batterien sowie zur Verwendung von Multimedia diskutiert. Eine wichtige Erkenntnis zur Umsetzung und Etablierung von barrierefreien Forschungsinstrumenten betrifft alle Fächer gleichermaßen: „Barrierefreiheit kostet Zeit und Geld.“, so Dominik Leiner von der LMU München. „Es wäre daher schön, wenn nicht jede Forscherin und jeder Forscher dies selbst leisten muss.“ Hier werden zukünftig auch die Fachgesellschaften gefragt sein, Lösungen zu erarbeiten.